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HINTERGRUNDBEITRAG

Anlage von Stiftungsvermögen.

24. März 2024
4 Minuten
Stiftung gründen und managen
Stiftung

Freiräume nutzen und Ertragspotenziale heben: Die Mitte des Jahres in Kraft tretende Reform des Stiftunsgrechts erweitert den haftungsfreien Ermessensspielraum für Stiftungsorgane und erleichtert innerhalb von Stiftungsportfolios die Umschichtung in risikoreichere Anlageklassen.

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  • Sie erfahren möchten, inwiefern das neue Stiftungsrecht Spielräume schafft, um chancenreicher an den Kapitalmärkten anlegen zu können

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Herausfordernder schneller Zinsanstieg.

Jahrzehntelang kannten die Kapitalmarktzinsen in der Tendenz nur eine Richtung: abwärts. Dennoch waren festverzinsliche Wertpapiere über lange Zeiträume eine risikoarme Ertragskomponente in der Allokation von Stiftungsvermögen und ein effektives Instrument, um die Schwankungen von Stiftungsportfolios insgesamt zu senken. Im Zuge der vergangenen Jahre wurde diese Eigenschaft durch kontinuierlich sinkende Zinsniveaus immer weiter aufgeweicht. Die Entwicklung gipfelte in Negativzinsen, die dafür sorgten, dass Kreditinstitute Verwahrentgelte auf Einlagen erhoben. Um diese zu umgehen, schichteten viele Stiftungen Bankeinlagen in Anleihen um und stockten damit ihre Bestände in festverzinslichen Wertpapieren sogar noch auf. 

Das Jahr 2022 brachte dann die von vielen lang ersehnte Zinswende. Die Notenbanken reagierten im Zuge ihres Auftrages zur Erhaltung der Geldwertstabilität auf die teils starke Inflation, weltweit gestörte Lieferketten sowie negative Auswirkungen des Ukraine-Krieges mit schnellen und starken Leitzinsanhebungen. Von minus 0,18 Prozent auf in der Spitze 2,53 Prozent stieg die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen im Laufe des Jahres 2022 an. Damit ging die immerhin fast drei Jahre dauernde vollkommen zinsfreie Ära zu Ende. Ein überaus herausfordernder Zeitraum für Stiftungen, die vor das große Problem gestellt wurden, laufende Einnahmen zur Erfüllung ihres jeweiligen Stiftungszweckes zu generieren. Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen stammt die Hälfte der Einnahmen von Stiftungen aus der Vermögensverwaltung, ein knappes Drittel sind Zuwendungen der öffentlichen Hand, und Spendeneinnahmen machen 13 Prozent aus.

Mit der Zinswende im vergangenen Jahr wurden vor allem solche Stiftungsportfolios auf die nächste harte Probe gestellt, deren Renten-Allokationsanteil bei 70 oder 80 Prozent liegt. Durch die schnell gestiegenen Marktzinsen verzeichneten im Portfolio gehaltene niedrig verzinste Anleihen Kursverluste und verloren dementsprechend an Wert. Eine Entwicklung, die viele Stiftungsportfolios in ihren Büchern bis heute belastet.

Mehr Handlungsfreiräume.

Doch kommt an dieser Stelle Entlastung von gesetzgeberischer Seite. Der Gesetzgeber schafft mit Blick auf die Vermögensanlage insgesamt Erleichterungen für die Verantwortlichen in Stiftungen. Im Rahmen der Stiftungsrechtsreform, die am 1. Juli in Kraft tritt, werden die Haftungsmaßstäbe für Stiftungsorgane neu definiert. Dies trägt einerseits der Situation an den Geld- und Kapitalmärkten Rechnung und unterstreicht andererseits, dass Stiftungen einen sehr großen Stellenwert für das Gemeinwohl haben. In der Vergangenheit wurde insbesondere das Thema Vermögensanlage von Stiftungsverantwortlichen als problematisch eingeschätzt. Viele wollten Fehler vermeiden und erst recht, wenn sie ehrenamtlich agieren.

Im Rahmen der Neuordnung des Stiftungsrechts wird neben den bislang geltenden Grundsätzen ergänzend die sogenannte „Business Judgement Rule“ (BJR) eingeführt, welche Organmitgliedern einen haftungsfreien Ermessensspielraum gewährt. Stiftungsvorstände können bei der Geldanlage somit zukünftig stärker ein kalkuliertes und kontrolliertes Risiko eingehen – mit der Botschaft des Gesetzgebers, dass das Vermögen aktiv zu bewirtschaften ist. In der Vergangenheit haben Stiftungsvorstände große Vorbehalte dagegen gehabt, Risiken einzugehen und dementsprechend chancenorientiert anzulegen. Ihr Fokus lag in erster Linie auf dem Erhalt des Nominalwertes des Stiftungsvermögens.

Rückendeckung für Vorstände.

Mit der BJR im Rahmen der Stiftungsrechtsreform stellt der Gesetzgeber nun klar, dass Stiftungsveramtwortliche nicht für jeden Vermögensverlust zwangsläufig haften, wenn dieser aus einem ordnungsgemäßen Anlageprozess heraus entstanden ist. Das jeweilige Ergebnis, also möglicherweise auch Kursverluste, stellt nicht zwangsläufig einen Haftungsgrund dar. Dieser kann nur aus einer Anlageentscheidung resultieren, die im Sinne der BJR gegen geltendes Recht verstößt bzw. die Anlagerichtlinie der Stiftung oder die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers.

In der aktuellen Phase wieder steigender Zinsen, die bestehende Anleiheinvestitionen in Stiftungsportfolios unter Druck setzt, unterstützt diese Gewissheit dabei, größere Spielräume für risikoreichere Anlageklassen wie Aktien zu nutzen. Besonders trifft dies auch zu auf fällig werdende Rentenanlagen zu, die so möglicherweise in Aktien umgeschichtet werden können. Auf diese Weise lassen sich die für den Stiftungszweck dringend notwendigen Ertragspotenziale leichter heben.

Ohnehin sind Stiftungsvorstände dazu verpflichtet, das Stiftungsvermögen aktiv zu bewirtschaften. Letztlich dient dies dem Stiftungszweck, der durch Vermögenserträge erfüllt werden soll. Für die Anlagestrategie heißt dies, dass sie den jeweils aktuellen Marktgegebenheiten angepasst werden sollte und laufend aktiv Chancen zu identifizieren sind.

Die Anlagerichtlinie: Leitfaden und Strukturgeber.

Manifestieren lässt sich ein geeigneter, auf den jeweiligen Stiftungszweck abgestimmter Anlagerahmen durch eine Anlagerichtlinie. In der deutschen Stiftungslandschaft ist ein entsprechendes stiftungseigenes Regelwerk in der Fläche noch keine Selbstverständlichkeit.

Nach Erhebungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen verfügen insgesamt knapp 30 Prozent noch immer über keine Anlagerichtlinie. Bei kleinen Stiftungen mit einem Stiftungskapital unter 1 Million Euro liegt dieser Prozentsatz sogar bei rund 40 Prozent, während er bei großen Stiftungen ab 1 Million Euro Kapital 16 Prozent beträgt.

Vermögensverantwortliche in Stiftungen müssen heute aufgrund der Finanzmarktentwicklungen sehr komplexe Entscheidungen treffen und sich in einem großen Universum von Anlagemöglichkeiten und Angeboten zurechtfinden. Das macht es umso wichtiger, bei der Vermögensanlage planvoll und strategisch vorzugehen. Dafür bildet die Anlagerichtlinie eine unverzichtbare Basis. Mit ihr kann für alle Beteiligten eine wichtige Arbeitsgrundlage geschaffen und die Haftungsrisiken weiter reduziert werden. Denn mithilfe einer Anlagerichtlinie lassen sich wichtige Grundsätze der Vermögensbewirtschaftung einer Stiftung regeln. Wie die Vermögensanlage der Stiftung konkret umgesetzt werden soll, ergibt sich häufig nicht unmittelbar aus der Satzung heraus. Hier bietet die Anlagerichtlinie einen wichtigen Leitfaden - eine Grundlage, mit der Anlageentscheidungen zielorientiert, strukturiert und nachvollziehbar getroffen werden können. 

Anlagerichtlinien jetzt anpassen.

Im Bereich von Stiftungsvermögen sind Allokationsverhältnisse von 70 Prozent Anleihen zu 30 Prozent Aktien keine Seltenheit. Tatsache ist aber auch, dass Anleihen im extremen Niedrigzinsumfeld zur Ertragsgenerierung für Stiftungen in den vergangenen Jahren nur einen eher geringen Beitrag geleistet haben. Das Jahr 2022 hat zudem überaus deutlich gemacht, wie problembehaftet ein plötzlicher Marktzinsanstieg für Portfolios mit hohem Rentenanteil sein kann.

Mit dem Rückenwind des Gesetzgebers und der BJR im Speziellen sollten Stiftungen eine Anlagerichtlinie erstellen bzw. überarbeiten - und zwar dahingehend, zukünftig chancenorientierteren Anlageklassen einen höheren Stellenwert einzuräumen. Besonders kleinere und mittlere Stiftungen sollten sich bei Aktien von festen Anlagequoten lösen. Auf diese Weise lassen sich Freiräume für risikoreichere Allokationsanteile schaffen und im Sinne der Erfüllung des Stiftungszwecks wichtige Ertragspotenziale erschließen.

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Stand: 05/2023

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